Geschäftsmäßigkeit

Wie das – im Telemediengesetz nicht definierte – Merkmal der „Geschäfts­mäßigkeit“, zu verstehen ist, wird kontrovers diskutiert: Zum Teil wird dieser Begriff mit „beruflich“ oder „gewerblich“ gleichgesetzt, so dass nur unternehmerische Angebote mit Gewinnerzielungs­ab-sicht erfasst wären.[1] Die derzeit wohl überwiegende Meinung nimmt das Handeln eines Dien-ste­anbieters dann als „geschäftsmä­ßig“ an, wenn er Telemedien auf­grund einer nachhaltigen Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungs­absicht erbringt.[2]

 

Als nachhaltig ist eine Tätigkeit anzusehen, wenn sie auf einen längeren Zeit­raum ausgerichtet ist und sich nicht auf einen Einzelfall beschränkt.[3] Ausgeschlos­sen werden aufgrund fehlender Nachhaltigkeit nur private Gele­gen­heitsgeschäfte, z. B. einzelne Versteigerungen auf Auktionsplattformen oder Ein­träge auf virtuellen schwarzen Brettern.[4]

 

a) Schwierige Abgrenzungsfragen

 

Soll bzw. kann der Internetauftritt nicht nur eigene Familienmitglieder und enge Freunde, sondern eine unbestimmt große Anzahl regelmäßig namentlich nicht bekannter Personen ansprechen, so ist die Grenze zur „Geschäftsmäßig­keit“ grundsätzlich überschritten. In diesem Zusam­menhang wird u. a. darüber diskutiert, ob der Betreiber dies dadurch verhindern kann, dass er

 

  • private Inhalte ausschließlich passwortgeschützt veröffentlicht und das Passwort nur den betreffenden Bekannten und Verwandten offenbart, und/oder

 

  • der Erfassung der Webseite durch Suchmaschinen in Metatags oder in einer robots.txt-Datei widerspricht.[5]

 

Inhalte aus dem engsten persönlichen Lebensbereich, bei denen ein berech­tigtes Interesse Dritter an der Identität des Websitebetreibers nicht besteht oder zumindest nicht erkennbar ist, können impressumsfrei veröffentlicht wer­den. Sind jedoch daneben oder gar ausschließlich Schilderungen des Anbie­ters enthalten, die beispielsweise negative Erfahrungen mit einem Unterneh­men wiedergeben, so könnte sich daraus gegebenenfalls ein berechtigtes Interesse des betreffenden Firmeninhabers an der Identität des Informanten ergeben, etwa wenn er gegen eine aus seiner Sicht unberechtigte Kritik vor­gehen will. Auch für Dritte, z. B. andere Verbraucher, wäre es unter Umstän­den bedeutsam, Einzelheiten über die Person des Berich­tenden zu erfahren. In diesen Fällen dürfte dann die Grenze zur „geschäftsmäßigen“ Nutzung über­schritten und eine Anbieterkennzeichnungspflicht zu bejahen sein.

(c) Dirk Minuth 2014
(c) Dirk Minuth 2014

Werden auf einer nicht-geschäftsmäßigen (z. B. privaten oder gemeinnüt-zigen) Internet-Prä­senz an irgendeiner Stelle Werbebanner oder –annoncen einge­bunden, so ist umstritten[6], ob dieser Umstand die Website damit insge­samt als „geschäfts­mäßig“ erscheinen lässt – mit der Folge einer umfassenden Im­pressumspflicht. Zum Teil[7] wird die Auffassung vertreten, nicht jede Werbeein­blendung oder Verlinkung zu kommerziellen Angeboten auf einer priva­ten Homepage sei ein Handeln "im geschäftlichen Verkehr", etwa wenn hierdurch lediglich sonst anfallende Kosten reduziert würden. Andererseits[8] wurde ein gemeinnütziger Verein bereits als „geschäftlich“ handelnd eingestuft, weil er auf seiner Website das Erscheinen ei­nes von ihm herausgegebenen entgeltli­chen Buches angekündigt hatte. Ein bloßer Spenden­aufruf soll indessen die Grenze zur „Geschäftsmäßigkeit“ noch nicht überschreiten.[9] Als Richt­schnur dürfte gelten: Je deutlicher ein Internet-Portal auf die Einnahme finanzieller Beiträge abzielt und je mehr der private bzw. gemeinnützige Zweck des On­linedienstes dahinter zu­rücktritt, desto eher gestattet es der Einsatz von Wer­bung, dem Anbieter „geschäftsmäßi­ges“ Handeln zu unterstellen.

 

b) Regelmäßige Entgeltpflichtigkeit

 

Das Erfordernis der Geschäftsmäßigkeit in § 5 Abs. 1 TMG wird konkretisiert durch die An­gabe „in der Regel gegen Entgelt“. Nach der amtlichen Begrün­dung des Gesetzgebers bedeu­tet dies, dass die angebotenen Telemedien selbst nicht entgeltpflichtig sein müssen, um eine Impressumspflicht zu bewirken. Es ist somit nicht entscheidend, ob ein Homepage-Betreiber mit seinen Web-Seiten tatsächlich wirtschaftliche Zwecke verfolgt oder nicht. Es genügt be­reits – und löst die Anbieterkennzeichnungspflicht aus –, dass seine Angebote typi­scherweise mit einem Entgelt verbunden sind[10].

(c) Dirk Minuth 2014
(c) Dirk Minuth 2014

Eine unter einer Internetadresse hinterlegte Wartungsseite ("Baustellenseite") oder „Aufbauseite“, mit der keine konkreten Leistungen beworben oder dem Besucher Informatio­nen zum Tätigkeitsfeld des Betreibers vermittelt werden, bedarf keiner An­bieterkennzeichnung.[11]

 

 

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[1] so OLG Hamburg CR 2008, 606; Brunst, MMR 2004, 8, Fn. 22

 

[2] Woitke, NJW 2003, 872; Weber, JurPC 76/2004, Abs. 3; Franosch, NJW 2004, 3155

 

[3] Hoeren, NJW 2007, 801, 803; Stickelbrock, GRUR 2004, 112; Weber (Fn. 29), Abs. 10

 

[4] so die Begründung zum Regierungsentwurf des Telemediengesetzes (BT-Drs. 13/7385).

 

[5] Ott, Die Impressumspflicht nach § 5 TMG / § 55 RStV

 

[6] für eine regelmäßige Einordnung als „geschäftsmäßig“ z.B. Ott (Fn. 11), S. 355

 

[7] so LG München I (Urteil v. 28.11.2007, Az.: 1HK O 22408/06) MIR 02/2008

 

[8] so LG Essen (Urteil v. 26.04.2012, Az.: 4 O 256/11) JurPC Web-Dok. 71/2012

 

[9] vgl. LG Essen (Fn. 35)

 

[10] zu den Abgrenzungsfragen bei der Einordnung „geschäftsmäßiger“ Internet-Angebote vgl. oben unter Punkt C. II. 3. (Seite 16 f.) und Fn. 7

 

[11] so LG Düsseldorf (Urteil v. 15.12.2010, Az.: 12 O 312/10); vgl. aber auch LG Aschaffenburg (Urteil v. 03.04.2012, Az.: 2 HK O 14/12), das die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen auf einer „Aufbauseite“ bejaht, wenn auf der „Baustellenseite“ neben dem Logo und den Kontaktdaten eines Vertriebsmitarbeiters auch ein Flyer der Firma zum Download vorgehalten werden.